Ladengalerie Berlin

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Großes gelbes Feld vor gelbem Himmel, 2004, Öl auf Leinen, 120 x 115 cm, 4.000,- €

www.monikabrachmann.de

Der Landschafter Philipp Hackert, Hofmaler des Königs von Neapel und Goethes verehrter Malprofessor auf der Italienreise, stammte aus Prenzlau und in Carl Sternheims zensurwidriger Erzählung "Ulrike" aus dem Jahre 1917 bildet "Schloß Miltiz unter Föhren in einem Blachfeld der Uckermark" den kargen Hintergrund für den kühnen Lebensentwurf der Heldin. Damit ist fast Erschöpfendes über die Beziehung dieses Landstrichs zur Hochkultur der letzten zweihundert Jahre gesagt. Selbst zu DDR-Zeiten als man sich noch darum bemühte, die Region mit industriellen Arbeitsplätzen zu versorgen, war die Uckermark kein Geheimtipp für Nonkonformisten.

Mittlerweile haben sich Künstler, von den Einheimischen misstrauisch ignoriert, angesiedelt. Sie wohnen nicht sehr dicht beieinander und fühlen sich hier wohler als in Berlin. Ihre Ausstellungen organisieren sie als Künstler in oder aus der Uckermark. In der Kunst aber machen sie weiter wie bisher und verraten in ihren Werken kaum etwas von ihrem neuen Umfeld. Wie sehr die Furcht mit Heimatkunst verwechselt zu werden, dabei eine Rolle spielt, ist schwer zu sagen; aber diese durchgehaltene Identität angesichts dieser aufregenden, einzigartigen Landschaftspanoramen befremdet.

Genau das Gegenteil ist der Fall bei der Malerin Monika Brachmann. Solidität der Malerei ist nachwievor ihre Sache, aber was sich auf ihren Bildern von der Uckermark bei Boitzenburg in den letzten beiden Jahren getan hat, ist einfach atemberaubend. Sie zeigen diese Hügellandschaft in flächig komprimierten Ausschnitten, wie sie tatsächlich ist; aber ihre Sicht von oben ist die eines leichten Schwebens, nicht aus der Vogelperspektive, die wäre zu weit oben, sondern eines dicht über der Landschaft gleitenden Storchenflugs. Die Rapsfelder kommen dem Betrachter näher als in der Wirklichkeit, andere Partien wiederum, wie der kleine See treten zurück, um sich auf der oberen Bildhälfte in ein Meer zu verwandeln, das eigentlich ein Himmel mit Wolken ist. Thema dieser Bilder ist nicht mehr eine bestimmte Landschaft, sondern die Korrespondenz ihrer Elemente: Wolkenschatten auf grünen Wiesen deuten auf Erdenschwere, blaue Himmel künden von der nahen Ostsee, ein rosaviolettes Phacelia-Feld wirkt wie ein See, den eine Landzunge mit drei Kiefern begrenzt; aber auch auf die graden Linien der Traktorspuren möchte man als Bildkoordinaten nicht verzichten.

Auf den Tessin- und Toskanabildern, die vor zwanzig Jahren entstanden, ist einiges von dieser freien Sicht auf die Landschaft vorbereitet, aber wie kleinteilig wirken diese Bilder im Vergleich zu den großzügigen Landschaftskompositionen der Jahre 98/99. Die neuen Bildfindungen von Monika Brachmann überzeugen nicht zuletzt auch deshalb, weil die Künstlerin in ihren bisherigen Arbeiten die solide Lösung über das Experimentieren gestellt hat und geduldig die langsame Entwicklung den Sprüngen vorzog. Mit diesen Bildern ist sie contre coeur Avantgardistin geworden. Aber der Natur- und Kunstfreund kann sie trösten: Schuld hat allein die Uckermark.

Friedrich Rothe