Glanz & Elend in der Weimarer Republik Schirn Kunsthalle Frankfurt
27. Okt. 2017 - 25. Feb. 2018 >



Hans Grundig
19.2.1901 - 11.9.1958


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Eifersucht, 1936, Kaltnadel, 27 x 25 cm, Bernhardt D38




Die Technik der Kaltnadel wurde von Hans Grundig nicht nur deswegen bevorzugt, weil er als Maler und Zeichner sofort den Stahlgriffel auf Kupfer wie einen Bleistift auf Papier zeichnend einsetzen konnte, sondern, weil Herstellung und Druck einfacher entstehen, als wenn man Becken mit Säure zum Einsatz bringen muss. Hans Grundig und Lea Grundig arbeiteten illegal, denn sie hatten Berufsverbot. Hausdurchsuchungen und Überwachungen konnten im Nachhinein nicht mehr gezählt werden.


Von 1933-1938 entstanden nach Hans Grundig ca. 100 Kaltnadel-Blätter, nach dem Verzeichnis Bernhardt 61, und Stephan Weber nennt ca. 80 Werke. Einige Arbeiten sind verschollen, andere Drucke tauchten nach dem Erstellen des Werkverzeichnisses auf. Bei den Datierungen konnten erst 2007 (Versteigerung der Sammlung Kurt Junghanns) Korrekturen vorgenommen werden.


Die Kaltnadel-Drucke von Hans Grundig auf der Internet-Seite der Ladengalerie sind nach 1945 und bis 1977 unter der Aufsicht von Lea Grundig gedruckt.







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Auf der Straße II (Frau mit Hunden und Snobs), 1933, Kaltnadel, 22 x 25 cm, Bernhardt D2


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Auf der Straße I (Mann mit Pferd und Hund), 1933, Kaltnadel, 21 x 24,9 cm, Bernhardt D1


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Gefallenes Pferd, 1934, Kaltnadel, 20,1 x 25 cm, Bernhardt D6


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Gefangene, 1936, Kaltnadel, 25 x 33,5 cm, Bernhardt D34



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Angst (Ungeheuer, Ameisenbär, Schnüffler), 1936, Kaltnadel, 24 x 26,2 cm, Bernhardt D42


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Räuber (Wächter), 1936, Kaltnadel, 25 x 33,3 cm, Bernhardt D30


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Flüchtende, o.J., Kaltnadel, 25 x 33,5 cm, Bernhardt D37


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Imperialismus, 1936, Kaltnadel, 25 x 33,4 cm, Bernhardt D29


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Die Flucht, 1935, Kaltnadel, 25 x 33 cm, Bernhardt D23


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Gefangener, 1936, Kaltnadel, 25 x 33,5 cm, Bernhardt D34


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Hundemeute (Wolfshunde), 1936, Kaltnadel, 24,5 x 32,4 cm, Bernhardt D39






Hans Grundig, Maler und Graphiker, 19.2.1901 - 11.9.1958

1901 in Dresden geboren

1920 Studium an der Kunstgewerbe-Akademie, Dresden

1922 Akademie der Bildenden Künste Dresden bei Hettner und Gussmann

1925 Ausstellung bei Hugo Erfurth, Dresden

1926 Begegnung mit Lea Langer (Lea Grundig)

1926 Eintritt in die KPD

     Teilnahme an der Großen Internationalen Kunstausstellung, Dresden

1928 Heirat mit Lea Langer

1929 Gründungsmitglied der Dresdener Asso

     Teilnahme an der Ausstellung „Deutsche Neue Sachlichkeit“

1932 Ausstellung bei Josef Sandel, Dresden

1933, 23.9. Ausstellung „Spiegelbilder des Verfalls in der Bildenden Kunst“, Dresden

1933 Kauf einer Kupferdruckpresse, Beginn der Kaltnadel-Folge „Tiere und Menschen“

1935-1938 „Das Tausendjährige Reich“ Triptychon mit Predella.

1936, 25.4. Ausschluss aus der Reichskulturkammer, Berufsverbot

     1. Verhaftung

1937, 19.6. „Entartete Kunst“, München

1938 2. Verhaftung

1940 3. Verhaftung, Konzentrationslager Sachsenhausen

1940 erzwungene Scheidung von Lea Grundig vor dem Landgericht Dresden

„Im hinteren Wagen, gequetscht: Klemperer, Grundig, Laux, Gr. als Überzähliger in die Mitte gekeilt. Mein Schicksal bekannt. Grundig: Maler, 45 Jahre, eisgrau. Alter KPDer, Gefängnis, KZ. Seine Frau, Lea Langer-Grundig, ebenfalls malend, Jüdin. Darf emigrieren, nachdem schon in Gefängnis, wenn sie sich scheiden lassen. Tun es, sie nach Tel-a-Vif. Er liest in einem deutschen Nachrichtenblatt, das im Juli in London erschienen, daß Lea Grundig mit einer Ausstellung Erfolg hatte. Er erwartet sie, u. die Ehe wird weiter gültig sein - Scheidung erpreßt! – aber noch kann sie nicht wissen, daß er lebt. Er war im KZ. Ende 44 macht man aus Kzlern ein Bataillon, das in wenigen Wochen militärisch ausgebildet u. degradierten Wehrmachtsoffizieren unterstellt wird. Es soll gegen Partisanen eingesetzt werden, knüpft durch Vermittlung der Dorfbewohner - »sie spürten das sofort !« - mit den Banden an, wird aber plötzlich an die russische Front bei Budapest geworfen u. läuft sofort mit allen Waffen über. (»Ein paar Offiziere haben sich verdrückt) Grundig kommt nach Moskau, in ein Klubhaus - Freiheit, bestes Essen, beste Eindrücke, darf malen. Jetzt zum Rektor der Akademie bestimmt. (Rector der Hochschule für Werkkunst, zu der Winde gehört, ist Grohmann geworden, nach ausgespielter ministerieller Rolle.)“
Victor Klemperer: „So sitze ich denn zwischen allen Stühlen“. Tagebücher 1945-1959, Aufbau-Verlag, 1999, Seite 188, Februar 1946, Berlin-Fahrt zur KPD-Tagung 4-6/II46 (notiert 7-10 II)

1944 Strafdivision Dirlewanger, Fronteinsatz und Übertritt zur Roten Armee

1945 Antifa-Schule bei Moskau

1946 Rückkehr nach Dresden

     Hans Grundig und Will Grohmann initiieren die Allgemeine deutsche Kunstausstellung in Dresden

1947 Rektor und Malklasse an der Dresdner Akademie der bildenden Künste

     Ausbruch einer Tbc

1949 Rückkehr von Lea Grundig aus Israel

1951 am 20.1. wurde ein Blatt von Lea Grundig aus dem Zyklus Niemals wieder! in der „Täglichen Rundschau“ unter dem folgenreichen Artikel „Wege und Irrwege der modernen Kunst“ als Beispiel für das „Hässliche“ veröffentlicht, (zitiert nach Gerd Brüne, Lea Grundig, Jüdin, Kommunistin, Graphikerin, Publikation der Ladengalerie 1996).
Während dieser „Formalismus“- Auseinandersetzung wehrt sich Hans Grundig in der gleichen Zeitung vom 21.2.1951 mit einem Brief über Schönheit und Wahrheit.

1956 soll sein Bild Ächtet die Atombombe nicht ausgestellt werden, er erzwingt es und sagt: „Habe ich es mir von den Faschisten nicht verbieten lassen meine Meinung künstlerisch zu äußern, werde ich es heute in unserem Staat der werktätigen Menschen erst recht nicht tun.“ Hans Grundig „hat zeit seines Lebens vergeblich auf einen, besondere Anerkennung ausdrückenden Staatsauftrag gewartet“, Stephan Weber

1957 Autobiographie Zwischen Karneval und Aschermittwoch

1958 Tod in Dresden


Nachleben

1966 Hans Grundig, Ausstellung Ladengalerie Berlin

Günter Bernhardt, Verzeichnis der Gemälde, der bemalten Möbel und Geräte sowie der Druckgraphik, (Stand 1966)

1971 Hans Grundig, Bilderbuch, Faksimile-Ausgabe und Ausstellung aus Anlass seines 70. Geburtstag, Ladengalerie Berlin. Einige der abgebildeten Zeichnungen sind Skizzen zu der Kaltnadel-Folge Tiere und Menschen

1976 In memoriam Hans Grundig, Film von Donat Schober

1977 „Die Kunst den Massen“ mit bisher unbekannten Linolschnitten von Hans Grundig. Beitrag der Ladengalerie zur Europarats-Ausstellung, Westberlin

1979 Hans Grundig, Monographie von Günter Feist, Verlag der Kunst Dresden

1981 Memento mori/ Hans Grundig/ 1901-1958 Ausstellung zum 80. Geburtstag Ladengalerie Berlin

1999 Hans Grundig (1901-1958) 15 Radierungen, Ladengalerie Berlin

2001 Hans Grundig (1901-1958) Berlin 2001, Ausstellung Zeichnungen und Druckgraphik, Ladengalerie Berlin

2001 Hans Grundig, Schaffen im Verborgenen, Stephan Weber und Erhard Frommhold, Dresden 2001. Schriftenreihe für Kunst und Philosophie der Hochschule für Bildende Künste Dresden.

2007 wird die Sammlung des Architekten Kurt Junghanns, Weggefährte von Hans Grundig und Lea Grundig, versteigert. Mehrere Kaltnadel-Arbeiten aus der Zeit von 1933-1938 können zum ersten Mal genau datiert werden.

2008

2009

2011
Hans Grundig und Lea Grundig: NEUE SACHLICHKEIT IN DRESDEN, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, 1. 10. 2011 - 8. 1. 2012, Kunsthalle im Lipsiusbau

2013 verfemt verfolgt vergessen? 16. März bis 28. Juli. Kunst und Künstler im Nationalsozialismus. Werke aus der Sammlung Gerhard Schneider. Ephraim-Palais, Stadtmuseum Berlin, Poststr. 16, 10178 Berlin

2014
Ausstellungsbeteiligung  Kunstverein "Talstraße" e.V., Halle, 30.10.14-18.1.15 "Mythos Tier"

2015, 1.5.-30.8. Fondazione Musei Civici di Venezia, San Marco, 52, 30124 Venezia.

Arte in Germania al tempo della Repubblica di Weimar 1919-1933


2016, 11. bis 12.11., Kolloquium, Kontinuität und Neuanfang, Hans Grundig nach 1945 in Dresden, Hermann-Glöckner-Saal, Albertinum


2016, 4.10.2015-18.1., Modern German Art in the Weimar Republic, 1919-1933. , LACMA  Los Angeles County Museum of Art, 5905 Wilshire Boulevard, Los Angeles, USA.

HG35Fr

Freunde, 1935, Kaltnadel, 27 x 25 cm, Bernhardt D21


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Traum I (Der Traum), 1936, Kaltnadel, 24,5 x 32,7 cm, Bernhardt D40


HG34L

Liebespaar, 1934, Kaltnadel, 24,3 x 29,1 cm, Bernhardt D57


HG34T-e2

Träume II, 1934, 24,5 x 30,5 cm, Kaltnadel, Bernhardt D55


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Sie hören nicht - sie sehen nicht, 1935, Kaltnadel, 25 x 33 cm,, Bernhardt D17

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